Das Amtsgericht Itzehoe hat am 1. Mai 2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Prokon Regenerative Energien GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet (Az. 28 IE 1/14). Damit sind automatisch alle Genussrechte zur Rückzahlung fällig. Als Genussrechtsinhaber werden Sie jetzt aufgefordert, Ihre Forderungen gegen Prokon fristgerecht zur Insolvenztabelle anzumelden. Nach Prüfung der Forderungen und Verwertung von Vermögenswerten der PROKON wird eine Insolvenzquote ermittelt und anteilig an die Gläubiger ausgezahlt. Wir haben zusammengefasst, worauf Sie jetzt achten sollten.
Nach jetzigem Stand wird der Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Dietmar Penzlin auf der bald stattfindenden Gläubigerversammlung seine Pläne für die insolvente Prokon vorstellen. Insbesondere wird er erklären, ob er eine Sanierung des Unternehmens für sinnvoll hält oder ob die Firma abgewickelt und alle vorhandenen Vermögenswerte verwertet werden. In beiden Fällen werden aus den Erlösen, soweit sie die Kosten übersteigen, alle Gläubiger, also insbesondere die Genussrechtsinhaber, quotal ausgezahlt.
Vorerst keine Anmeldung von Ansprüchen erforderlich
Als Genussrechtsinhaber müssen Sie Ihre Ansprüche aus den Genussrechten bis zum 15. September 2014 beim Insolvenzverwalter anmelden. Der Insolvenzverwalter wird jeden Genussrechtsgläubiger bis Mitte Juli 2014 einzeln anschreiben und ihn zur Anmeldung seiner Ansprüche auffordern. Vorher bittet er aus organisatorischen Gründen darum, keine Ansprüche geltend zu machen. Alle Anleger können also abwarten, bis sie das Schreiben des Insolvenzverwalters Penzlin erhalten und dann ihre Forderung auf Rückzahlung des angelegten Geldbetrags zuzüglich noch nicht erhaltener Zinsen zur Tabelle anmelden. Hierfür ist die Frist bis zum 15. September 2014 einzuhalten. Tatsächlich können Forderungen sogar noch bis zum Ende des Insolvenzverfahrens angemeldet werden, später geltend gemachte Forderungen verursachen aber zusätzliche Kosten, die der Gläubiger zu tragen hat. Der Insolvenzverwalter wird die Ansprüche prüfen und in die Insolvenztabelle eintragen. Am 15. Januar 2015 findet dann der Prüfungstermin für alle Forderungen der Insolvenztabelle vor dem Amtsgericht statt. Widerspricht hier niemand – also weder der Insolvenzverwalter noch ein Gläubiger – so gilt die angemeldete Forderung als festgestellt und der Gläubiger nimmt an der Erlösverteilung teil.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht absehbar, ob insbesondere die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen aus Genussrechten unwidersprochen bleiben. Da der Insolvenzverwalter die Genussrechtsforderungen als gleichrangig mit den übrigen Gläubigerforderungen ansieht, ist es möglich, dass unter Hinweis auf die in den Genussrechtsbedingungen festgelegte Nachrangigkeit der Genussrechte ein Widerspruch erfolgt.
Gläubigerversammlung auch für Genussrechtsinhaber
Über den weiteren Gang des Insolvenzverfahrens entscheiden die Gläubiger auf der Gläubigerversammlung. Diese wurde vom Amtsgericht auf den 22. Juli 2014 um 11 Uhr in der Hamburg Messe, Halle B6 (Eingang Süd), Karolinenstraße 1, 20355 Hamburg festgelegt. Alle Gläubiger werden gebeten bis zum 15. Mai 2014 mitzuteilen, ob sie an der Versammlung teilnehmen werden. Die Teilnahme an der Gläubigerversammlung ist freiwillig. Berechtigt zur Teilnahme sind alle Gläubiger, dies sind insbesondere auch die Genussrechtsinhaber.
Auf der Gläubigerversammlung wird neben der Abwicklung von formalen und verfahrensrechtlichen Fragen vermutlich auch darüber beschlossen werden, wie der künftige Weg von Prokon aussehen soll. Insolvenzverwalter Penzlin möchte einen Insolvenzplan erstellen, nach dem das Kerngeschäft Windenergie von Prokon weitergeführt wird und die übrigen Vermögensteile veräußert werden. Die Genussrechtsinhaber werden nach seiner vorläufigen und sehr vagen Einschätzung mit einer Quote von 30 bis 60 Prozent befriedigt werden und sich darüber hinaus über eine Anleihe weiter an dem künftigen Unternehmen Prokon beteiligen können. Ob dieser Plan zu verwirklichen ist und um welchen Preis, wird sich im Laufe des Insolvenzverfahrens herausstellen. Es ist aber anzunehmen, dass auf der Gläubigerversammlung auch gegenteilige Pläne vorgestellt werden.
Abstimmung auf der Gläubigerversammlung
Ob Sie als Genussrechtsinhaber an der Gläubigerversammlung teilnehmen und abstimmen sollten, lieber einen Rechtsanwalt als Vertreter beauftragen oder abwarten und gar nichts tun, hängt von Ihrer Motivation zur näheren inhaltlichen Befassung mit den Geschicken der Prokon ab. Bei der Beauftragung von Dritten zur Teilnahme an und Abstimmung in der Versammlung in Ihrem Namen sollten sie jedenfalls genau die Interessen und realisierbaren Möglichkeiten ihres Bevollmächtigten hinterfragen. Auch bei der Abstimmung über verschiedene Vorschläge zur Sanierung oder den Ausverkauf der Firma sollte Ihr Leitfaden sein, wem eigentlich das jeweilige Vorgehen nützt und was tatsächlich damit erreicht werden kann. Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es gemäß der Insolvenzordnung jedenfalls, für alle Gläubiger eine möglichst hohe Quote zu erwirtschaften, aber auch zu prüfen, ob das Unternehmen erhalten und nach Maßgabe eines noch auszuarbeitenden Insolvenzplans fortgeführt werden kann. In beiden Fällen ist damit zu rechnen, dass die Rückzahlung der Genussrechte längere Zeit in Anspruch nimmt.
Die vom ehemaligen Geschäftsführer der Prokon Carsten Rodbertus vorgetragenen Pläne zur Fortführung bzw. Übernahme von Teilen des Unternehmens in Form einer Genossenschaft oder Aktiengesellschaft sind jedenfalls vor dem Hintergrund zu hinterfragen, dass sein erstes Geschäftsmodell, bei dem sich Prokon über Genussrechte von Privatanlegern finanzierte, desaströs gescheitert ist. Seien Sie wachsam, wenn Ihnen erneut große Versprechungen mit überdurchschnittlichen Renditen gemacht werden! Hinterfragen Sie die Risiken jeder Geschäftsidee, an der Sie sich erneut beteiligen sollen!
Rückzahlung der Genussrechte
Nach dem Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe vom 1. Mai 2014 sind alle Genussrechte mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig, das heißt müssen zurückgezahlt werden. Es ist also egal, ob Sie Ihr Genussrecht bereits gekündigt haben oder nicht, im Rahmen der Abwicklung der Insolvenz haben Sie Anspruch auf Rückzahlung Ihrer in Genussrechten angelegten Gelder, wobei die Höhe der Rückzahlung von der Insolvenzquote abhängt.
Nach Aussage des Insolvenzverwalters werden alle Genussrechtsinhaber gleichrangig mit den übrigen Gläubigern der Prokon behandelt, erhalten also zugleich und nicht erst nach Bedienung der übrigen Gläubiger ihr Geld. Hintergrund ist, dass das Amtsgericht in dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die in den Genussrechtsbedingungen der Prokon festgelegte Nachrangigkeit der Genussrechte für unwirksam erklärt hat. Hat dieser Ausspruch Bestand, werden auch alle die Anleger gleichrangig bedient, die bereits eine Klage auf Rückzahlung der Genussrechte eingereicht haben. Allerdings ist der Beschluss des Amtsgerichts noch nicht rechtskräftig. Sollte der Beschluss angefochten werden, so steht die Nachrangigkeit der Genussrechtsforderungen wieder im Raum und die Genussrechtsgläubiger würden möglicherweise erst nach den vorrangig zu befriedigenden Gläubigern bedient. Denkbar ist auch, dass im Prüfungstermin die Gleichrangigkeit der Genussrechtsforderungen von anderen Gläubigern bestritten wird und damit die Frage der Wirksamkeit der Nachrangklausel richterlich geklärt werden muss.
Die tatsächliche Rückzahlung der Gelder erfolgt nach jetzigem Stand erst nach den Beschlüssen auf der Gläubigerversammlung und den dann auf den Weg gebrachten Maßnahmen. Insbesondere wird zunächst die Prüfung der geltend gemachten Forderungen zu erfolgen haben. Ein erster Prüfungstermin ist für den 15. Januar 2015 vorgesehen; erst danach kann über den gegebenenfalls vorzustellenden Insolvenzplan abgestimmt werden, schließlich müssen für eine Auszahlung von Geldern bereits Vermögensgegenstände veräußert worden sein. Der Insolvenzverwalter kündigt eine Rückzahlung frühestens für den Verlauf des Jahres 2015 an.
Voraussichtliche Quote
In welcher Höhe Sie als Genussrechtsinhaber befriedigt werden, ist zurzeit völlig offen. Es ist wohl nicht mit einem Totalausfall zu rechnen, jedoch ist nach Aussage des Insolvenzverwalters auch eine geringe Quote von nur 30 Prozent möglich. Dass die Genussrechte zu 100 Prozent zurückgezahlt werden, ist nahezu ausgeschlossen. Nach den vom Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht veröffentlichten Zahlen ist Prokon zahlungsunfähig und überschuldet, Verbindlichkeiten in Höhe von mehr 1,5 Milliarden Euro Euro stehen nur etwa 1 Milliarde Euro Vermögen gegenüber. Wenn Sie Genussrechtsinhaber sind, müssen Sie sich also auf einen erheblichen Verlust Ihres angelegten Geldes einstellen. Ob Schadensersatzansprüche gegen die Verantwortlichen bei Prokon oder in einem anderen Rahmen geltend gemacht werden können – wie es viele Rechtsanwälte im Internet behaupten –, ist offen und sollte fachkundig und am besten anhand einer zweiten Meinung überprüft werden. Insbesondere ist zu bedenken, dass auch der Insolvenzverwalter im Rahmen der Insolvenz eine Haftung gegen die Geschäftsführer prüfen und gegebenenfalls durchsetzen wird.
Melden Sie sich bei uns: Wir wägen gemeinsam mit Ihnen ab, welche rechtlichen Möglichkeiten Sie haben und bieten Ihnen fachkundige Beratung zu allen Fragen rund um die Insolvenz Prokons an. Wir bemühen uns um eine sachliche Aufklärung und rechtlich angemessene Beratung für Ihre persönliche Situation. Hier finden Sie eine Übersicht unserer Beratungsangebote und -zeiten.
Besser kontrollieren
In der Vergangenheit hatten wir Verbraucher immer wieder vor der Anlage in Genussrechten gewarnt und Prokon zur Unterlassung bestimmter Werbeaussagen gezwungen. Die aktuellen Entwicklungen zeigen einmal mehr, dass Politik und Finanzaufsicht versagt haben.
Unternehmerische Beteiligungen sind und bleiben – insbesondere für Kleinanleger – hochriskante Geldgeschäfte. Trotzdem begnügen sich viele Anbieter gegenüber ihren Investoren mit einem Minimum an Risikoaufklärung. Es ist an der Zeit, solche Finanzprodukte und ihren oft aggressiven Vertrieb besser zu kontrollieren.
Stand vom Freitag, 9. Mai 2014
Quelle: VZ Hamburg