EEV AG – das Prospekt was angegriffen wurde
Wir haben das einmal “querprüfen lassen”, denn eines ist sicher- wir sind keine Juristen. Aber Juristen gibt es ja genug in Deutschland. Um eine Stellungnahme gebeten haben wir einen Professor der rechtswissenschaftlichen Fakultät aus Hamburg. Hier seine Einschätzung. Wir hatten unsere Fragen konkret auf die in der HAZ geäußerten Meinungen abgestimmt, damit man auch ein “fassbares Ergebnis” hat. Hier unkommentiert von uns:
Erforderliche Angaben im Verkaufsprospekt
Nach der Vermögens-Anlagen-Verkaufsprospekt-Verordnung müssen alle Angaben richtig sein und es dürfen keine wesentlichen Umstände ausgelassen werden. Wie durch die Rechtsprechung konkretisiert, ist Ziel dieser Regelung, dass der Kapitalanleger umfassend über die tatsächlichen und rechtlichen Risiken aufgeklärt ist und diese Informationen in seine Überlegungen zur Vermögensanlage einbeziehen kann. Da die EEV AG nicht nur das Biomasse-Heizkraftwerk in Papenburg betreibt, sondern mit der Projektierung von Offshore-Windparks in der Nordsee befaßt ist (OWP Skua GmbH), stellt sich die Frage, ob der Verkaufsprospekt Angaben über einen möglichen Konflikt mit der Bundeswehr aufnehmen muss, weil das Offshore-Windenergie-Projekt Skua in einem militärischen Übungsgebiet und in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) liegt.
Kurzgutachten
Eine Genehmigung zur Errichtung von Offshore-Windenergie-Anlagen muss erteilt werden, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind (keine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, keine Gefährdung der Meeresumwelt, nicht gegen Erfordernisse der Raumordnung oder sonstige überwiegende öffentliche Belange gerichtet). Im Verkaufsprospekt vom 22.10.2012 werden auf Seite 25 ausdrücklich Belange der Landesverteidigung genannt. Zuständig für das Genehmigungsverfahren ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) und nicht die Bundeswehr – zumindest ein Indiz dafür, dass die Landesverteidigung nicht automatisch „überwiegende” öffentliche Belange wahrnimmt. Vorrangig ist vielmehr die zivile energiewirtschaftliche Nutzung und nicht die militärische, wie in dem Rechtsgutachten von Prof. Dietrich zutreffend ausgeführt wird (Jan-Hendrik Dietrich, Die Berücksichtigung militärischer Belange im Planfeststellungsverfahren für Offshore-Windparks in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, Februar 2013).
In den Jahren 2008/2009 hat die Bundeswehr Einspruch erhoben, der jedoch keine Veranlassung für eine Erwähnung in dem Verkaufsprospekt bietet. Angesichts der Zuständigkeit der BSH konnte gar kein förmlicher Einspruch seitens der Bundeswehr erhoben werden. Das als Einspruch bezeichnete Anliegen konnte deswegen nur als zu berücksichtigende Hinweis auf Belange der Bundeswehr verstanden werden, der in der Sache allerdings unbegründet war.
Abgesehen von der im Presseartikel „Scharfer Schuss vor den Bug” in der Hannoverischen Allgemeinen (HAZ) vom 14.05.2014 anonym geäußerten Bundeswehrbehauptung, im OWP Skua-Projekt dürften wegen des militärischen Übungsgebietes keine Windenergie-Anlagen gebaut werden, gibt es bislang keine offiziellen Anträge der Bundeswehr, das Genehmigungsverfahren des OWP Skua abzulehnen. Aber auch in diesem Fall müsste im Kundenprospekt kein Hinweis erfolgen, weil die Genehmigung zwingend zu erteilen ist und nur in Ausnahmefällen abgelehnt werden kann. Erhebliche und schwerwiegende Belange der Verteidigung sind bislang nicht dargelegt worden und werden angesichts der Darlegungs- und Beweislast der Bundeswehr auch nicht geltend gemacht werden können, wie sich ergänzend auch aus folgenden Tatsachen ergibt:
Im Forum der Marineoffiziersvereinigung 3/2012 („Die See wird eng”) geht die Bundeswehr selbst davon aus, dass 8 Offshore-Windparks in der Nordsee (einschliesslich des OWP Skua) ihre Genehmigung erhalten werden.
Das Skua-Gebiet umfasst lediglich eine Fläche von 65 qkm innerhalb der 1470 qkm umfassenden gesamten militärischen Übungsgebietes. Die „Schnittmenge” beträgt also nur 4,4 % – geradezu eine Herausforderung für die Idee einer gemeinsamen Nutzung ziviler und militärischer Art (vgl. Wendl, „NIMBY” versus „DUAL USE” – ein Diskurs über Darstellungen in der Presse über Offshore-Windanlagen in der Nordsee und militärische Übungsgebiete, Mai 2014).
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hat eine Veränderungssperre für die Jahre 2012-2015 bestätigt, um nach Genehmigung der Offshore-Windenergie-Projekte durch die zu verlegenden Stromkabel den Anschluss an das Stromnetz zu ermöglichen. Die Veränderungssperre ist damit das stärkste Argument für die Überzeugung, dass überwiegende Belange der Landesverteidigung einer Genehmigung zur Errichtung des OWP Skua nicht entgegen stehen.
Ergebnis
Auf unrichtigen Tatsachenbehauptungen beruhende Presseveröffentlichungen erfordern keinen Hinweis im Kundenprospekt (das wäre erst anders bei förmlichen Einwendungen der Bundeswehr gegen das Genehmigungsverfahren. Kein einziges hier behandeltes Argument spricht für „überwiegende Belange” der Bundeswehr, sodass insoweit auch darauf nicht hinzuweisen ist.